Nachhaltigkeit ist eine Gerechtigkeitsfrage

23.09.2020 -  

Am 25. September findet der Globale Klimastreik statt, ein passender Anlass, um einmal zu fragen: Was brauchen wir, damit Klimaschutz gelingen kann und wie ticken wir eigentlich beim Thema Energiewende? Die Antworten hat Prof. Dr. Ellen Matthies, sie ist Professorin für Umweltpsychologie, und skizziert im Interview, warum es für den Einzelnen immer wichtiger ist, nachhaltiger zu leben und wie sich unsere Mobilität verändert hat.


Prof. Ellen Matthies (c) Stefan Berger_Uni Magdeburg BeitragProf. Dr. Ellen Matthies ist Umweltpsychologin und nimmt auch selbst an Demonstrationen für den Klimaschutz teil (c) Stefan Berger/ Uni Magdeburg

Sie sind Umweltpsychologin, was hat Psychologie denn mit Klimaschutz und Energiewende zu tun?

Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind Herausforderungen, die unseren Alltag in vielen Bereichen verändern werden, und schon verändert haben. Die Psychologie als Verhaltenswissenschaft kann helfen, dass das gelingt. Umweltpsycholog*innen wissen, welche Rahmenbedingungen Menschen brauchen, um ihr Verhalten zu verändern, etwa um auf andere Verkehrsmittel umzusteigen.

Was brauchen wir denn aus psychologischer Sicht, damit Klimaschutz gelingen kann?

Das ist eine wirklich zu große Frage. Das Gelingen umfasst ja viele Veränderungsprozesse und umfasst alle gesellschaftlichen Sektoren. Wenn wir es auf Haushalte und CO2-Reduktion herunterbrechen, dann würde ich sagen:

  • Hintergrundwissen und Kenntnis des eigenen CO2-Fußabdrucks
  • Rahmenbedingungen, die CO2-Vermeidung nahelegen, z.B. bessere öffentliche Verkehrsanbindungen auf dem Land und
  • Lust, sich an Veränderung zu beteiligen, Neugier.

Was sind Ihrer Ansicht nach die Gründe für Bürgerproteste oder Verweigerungshaltungen? Wie tickt der Bürger beim großen Thema Energiewende?

Zunächst: Klimaschutz und Energiewende haben einen enormen Rückhalt in der Bevölkerung, über 90 Prozent halten Klimaschutz für wichtig oder sehr wichtig. Wir vergessen das oft. Proteste und Misstrauen sind bei großen Veränderungen aber auch zu erwarten. Es gibt Menschen, die jegliche Veränderung beunruhigt, die gekränkt sind, wenn etwas passiert, das für andere bedeutsam ist.

Allerdings gibt es ja auch das Phänomen, dass vor allem die jungen Generationen immer mehr für den Klimaschutz eintreten. Warum ist das wohl so?

Die Jungen gehen auf die Straße, weil sie am meisten zu verlieren haben, aber das Thema ist in der gesamten Gesellschaft verankert. Es wäre falsch anzunehmen, dass nur junge Leute für Klimaschutz sind.

Sie beschäftigen sich unter anderem auch mit der Veränderung unseres Mobilitätsverhaltens: Gibt es da Entwicklungen?

In der Bereitschaft der Menschen gibt es den ungebrochenen Trend, umweltfreundlicher unterwegs sein zu wollen. Selbst bei Flugreisen sind wir mittlerweile selbstkritisch. Ja, ich sehe viele positive Entwicklungen.

Warum wird es wohl für den Einzelnen immer wichtiger, nachhaltiger zu leben?

Nachhaltigkeit ist eine Gerechtigkeitsfrage. Auf Dauer gibt es kein gutes Leben ohne sich zu fragen, welche Konsequenzen mein Lebensstil für andere hat. Wir erleben gerade, dass sich immer mehr Menschen diese Fragen stellen. In Deutschland und Europa.

Wie wichtig ist Ihnen Klimaschutz? Engagieren sie sich auch außerhalb ihrer Forschung dafür? Beteiligen sie sich zum Beispiel am globalen Klimastreik am 25. September?

An diesem Freitag werde ich meine Koffer packen und in den Urlaub aufbrechen. Aber ja, ich habe an vielen Demos teilgenommen und freue mich darüber, dass viele andere das am Freitag auch tun.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Lisa Baaske

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