Im Alter ist das Studentenleben viel besser!

21.08.2019 -  

Mit seiner Leidenschaft fürs Laufen hält er sich körperlich fit, seine grauen Zellen trainiert er in Vorlesungen und Seminaren an der OVGU. Wolfgang von der Heide ist einer von rund 850 Teilnehmenden des Programms Studieren ab 50, das die Hörsäle der Universität Magdeburg für Menschen, die älter als 50 Jahre sind, öffnet. Inzwischen besucht er seit zehn Jahren Vorlesungen und ist seit 2014 ehrenamtlicher Mitarbeiter der Projekt­organisation. Vor allem Psychologie und Sozialwissenschaften interessieren ihn.

Wolfgang von der HeideWolfgang von der Heide

Student ist Wolfgang von der Heide nicht erst seit einem Jahrzehnt. Der 64-Jährige hat von 1981 bis 1988 zunächst Rechtswissenschaften und später Betriebs- und Verwaltungswirtschaft in Osnabrück und Hildesheim studiert. Auf die Frage, ob sein Studentenleben damals oder heute einfacher war, antwortet Wolfgang von der Heide wie aus der Pistole geschossen: „Heute!“ Denn man könne sich die Vorlesungen und Seminare frei danach aussuchen, was einen interessiert. Der Prüfungsdruck als junger Student „war ziemlich stressig“, erinnert er sich.

Bis vor vier Jahren arbeitete Wolfgang von der Heide als Dezernent beim Landeskriminalamt in Magdeburg. Das, was er in den Psychologievorlesungen gelernt hat, konnte er im Berufsleben praktisch anwenden. „Psychologie war in meinem Job ohnehin Thema“, erzählt er. Das Know-how aus den Entwicklungspsychologievorlesungen gibt er gern als Ratschläge an seine Tochter weiter, die zwei kleine Kinder hat.

Jung und Alt zusammen in einem Hörsaal

Während einige Veranstaltungen speziell für die Studierendenschaft ab 50 angeboten werden, besuchen sie häufig auch Lehrveranstaltungen der Bachelorstudiengänge. „Anfangs bemerkt man Vorbehalte seitens der jungen Studierenden“, berichtet Wolfgang von der Heide. Im Laufe des Semesters verschwinden diese jedoch meist, denn beide Generationen könnten voneinander profitieren. „Man muss das Vorurteil abbauen, dass wir den Jüngeren die Studienplätze wegnehmen. Wir sind als Gasthörer eingeschrieben und können die Veranstaltungen nur besuchen, wenn sie für Studieren ab 50 geöffnet sind“, erklärt er.

Das Studentenleben erlebt Wolfgang von der Heide heute ganz anders, als in den 1980er Jahren. „Früher hat man alles schriftlich mitprotokolliert. Das läuft heute alles digital das ist ein riesiger Vorteil.“ Wobei es für die Aufmerksamkeit der Studierenden auch von Nachteil sein kann, räumt er ein: „Da wird der Laptop aufgeklappt und man denkt: ‚Da werden jetzt die Vorlesungsunterlagen geöffnet‘, aber nein: Es werden Videos geguckt und WhatsApp-Nachrichten geschrieben.“ Gelangweilt hat sich Wolfgang von der Heide in den zehn Jahren an der OVGU noch nie. „Gerade die Vorlesungen im Bereich Psychologie waren immer spannend. Neues Wissen ist immer interessant!“

Der 64-Jährige lebt, seit er 1992 nach Sachsen-Anhalt kam, in Tangermünde. Von dort aus pendelt er an zwei bis drei Tagen die Woche zur OVGU. Der Großteil der Studierenden ab 50 wohnt im Raum Magdeburg, erzählt er. Es seien aber auch viele, die wie er aus dem Umland anreisen. Die Meisten seien Wiederholungstäter. Durch den Besuch der gleichen Vorlesungen seien jede Menge Bekanntschaften entstanden. „Man trifft sich nicht nur im Hörsaal, sondern auch mal auf einen Kaffee vor oder nach der Vorlesung meistens im Kellercafé in der Zschokkestraße.“

Studieren im Alter hält fit

Hält Studieren ab 50 jung? „Auf jeden Fall“, sagt Wolfgang von der Heide. Nicht nur der Kontakt zu den jungen Menschen und das universitäre Umfeld, auch die geistige Aktivität seien hierfür verantwortlich. Eine Bachelorarbeit im Fachbereich Psychologie befasste sich mit dem visuellen Arbeitsgedächtnis und der Verarbeitungsgeschwindigkeit bei älteren Menschen. An dieser Studie nahmen auch einige Studierende ab 50 teil. „Bei der Auswertung der Tests konnte man sehen, dass bei uns Studierenden über 50 das Gedächtnis besser arbeitet, als bei den Gleichaltrigen, die geistig nicht mehr so gefordert werden.“ Geistig am fittesten waren natürlich die jungen Studierenden.

Der Punkt, an dem Wolfgang von der Heide so viel weiß, dass er es nicht mehr für nötig hält, Vorlesungen an der OVGU zu besuchen wird so schnell nicht kommen. Etwas Neues ausprobieren und etwa eine Maschinenbauvorlesung besuchen, will er vorerst nicht: „Technische Sachen reizen mich nicht mehr so“, sagt er. Das Einzige, wofür er sich noch begeistern könnte, wären Vorlesungen zu autonomem Autofahren. Sobald diese im Studieren-ab-50-Programm angeboten werden, wird man ihn dort sicher im Hörsaal finden.

 

von Friederike Steemann

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